Dienstag, 19. Februar 2013

Ei, Großmutter, was hast du für große Augen?

Ein gewisses Grundrepertoire an Märchen gehört zu einer kreativen und von Fantasie erfüllten Kindheit dazu, davon bin ich überzeugt. In die Welt von Schneewittchen, Allerleirau und den sieben Schwänen einzutauchen vermittelt Kindern eine Vorstellung von unterschiedlichst geprägten Charakteren. Von Gut und Böse im klassischen Sinne ebenso wie von Mitleid, Verrat und Liebe. Märchen sind geprägt von Idealen, aber auch vollgestopft mit Metaphern und Selbstironie. Der erste Schritt ist das Amüsement beim Lesen, der zweite das Nachdenken und Interpretieren, das oftmals weitaus später kommt. Ich möchte Märchen nicht missen und bin meinen Eltern sehr dankbar dafür, von ihnen von klein auf mit den unterschiedlichsten Geschichten in Berührung gebracht worden zu sein. Ich lese heute noch sehr gerne in unseren Märchenbüchern, ob es sich nun um die von den Grimms oder Andersen gesammelten Klassiker oder auch internationale Geschichten handelt. Es findet sich eigentlich für jede Stimmung das passende Märchen, das schön bleibt, gerade auch, wenn eine eher antiquierte Sprache verwendet wird, wenn man es nicht zum ersten Mal aufschlägt.
Die Leistung der Grimms, Märchen zu sammeln und einheitlich zusammen zu fassen, ist beachtlich. Gerade weil sie Kernaspekt der deutschen Märchenkultur sind, hab ich mich auf die neue Vox-Serie „Grimm“ gefreut und hohe Erwartungen in diese Verfilmung gesetzt.
Doch, um es vorweg zu nehmen, ich fühle mich etwas um meine Märchen betrogen.
Die Charaktere wurden umbenannt. Es gibt keinen „bösen Wolf“ sondern Blutbader, es gibt keine „drei Bären“ sondern Jägerbären und selbst die Hexen heißen nicht Hexen, sondern „Hexenbiester“. Warum? Was ist an den bekannten Formen so unbrauchbar? Damit kann sich doch selbst der geneigte Gelegenheitsmärchenleser identifizieren. Warum dann so einen Käse produzieren?
Es erscheint, als wolle man das Thema modernisieren. Goldlöckchen ist eine Diebin und pflegt eine inzestuöse Beziehung mit ihrem Bruder, der böse Wolf hat einen Rote-Jacken-Fetisch und mästet seine Opfer, bevor er sie zerfleischt und verspeist. Damit kann ich leben. Aber der Märchenaspekt fehlt ansonsten leider völlig. Die Grimms sind nichts als bessere Hexenjäger, die eine Art zweiten Blick haben, der als Fluch bezeichnet wird. Die bösen Wesen, deren Herkunft, Ziel oder gar der Sinn ihrer Existenz in den ersten beiden Folgen nicht im mindesten beleuchtet werden, hegen jahrhunderte, wenn nicht gar jahrtausende währende Rachegelüste gegen die Familie. Was auch seine Gründe hat, denn vermutlich hat jedes der Wesen einen Familienangehörigen, der von einem Grimm ins Jenseits geschickt wurde.
Aber kurz zur Handlung:
Der aktuelle Grimm, Nick, der letzte, wie es scheint, erfährt von seiner sterbenden Tante (zum einen wird sie vom Krebs dahingerafft, zum anderen werden Mordanschläge auf sie verübt) ein wenig über seine Herkunft und seinen erst gerade erwachenden neuen Blick auf die Welt. In ihrem fahrbaren Monsterjagd-Labor, getarnt als Wohnwagen, findet er alte Bücher, Zeichnungen und Waffen, die ihm für seine bevorstehende Lebensaufgabe von Nutzen sein sollen. Grundsätzlich hat er mit Verbrechensermittlungen bereits Erfahrung, denn er ist Polizist und mit der Aufklärung von Mordfällen und Vermisstmeldungen beauftragt.
Als er im Rahmen einer Ermittlung um eine getötete Joggerin (mit einer roten Jacke bekleidet) auf einen Blutbader (eine Art besserer Werwolf) stößt, bittet er diesen um Hilfe und sucht ihn auch in der nächsten Folge auf, um seinen Rat und seine Unterstützung zu erhalten. Dieser Werwolf ist ein wenig der auflockernde Charakter in der Serie. Er macht Pilates, fährt ein umfassendes Gesundheitsprogramm, um nicht wieder blutrünstig zu werden, und möchte mit der ganzen Geschichte eigentlich nichts zu tun haben. Seine Großeltern wurden von Nicks Tante getötet und er verspürt eine Verpflichtung seiner Familie gegenüber, ihr nicht zu helfen. Dennoch lässt er sich immer wieder von Nick überzeugen, die Ermittlungen zu unterstützen.
Die Serie ist nicht schlecht. Doch wer einen Bezug auf bekannte Märchen sucht, der sucht lange. Die Geschichten sind so weit verdreht, dass die Verbindungen nurnoch entfernt zu finden sind. Stellenweise finden sich zwar Charaktere, die denen der Ursprungsmärchen zu entsprechen scheinen, doch ihre Geschichte unterscheidet sich dann stellenweise so sehr vom Ursprung, dass man es eigentlich vernachlässigen könnte.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AOffterdinger_Rotkappchen_(2).jpg
Es kommt einem so vor, als hätte NBC eine Serie gesucht, die die Zielgruppe von Supernatural anspricht. Der Bezug zu den Grimms erscheint als Bauernfänger, der bekannte Geschichten in neuer Form impliziert. Leider ist das hier kaum zu finden.
Ich war recht enttäuscht von dieser Serie, die so gut hätte sein können, es aber de facto gerade mal zu ein paar guten Ansätzen schafft. Beziehungsweise: Die Serie ist nicht schlecht, doch wenn man sich auf spannende Märchenmordfälle freut, dann ist man an der falschen Adresse. Andere Erwartungen können durchaus erfüllt werden, doch meine wurden es nicht. Möglicherweise sehe ich mir noch die ein oder andere Folge an, wenn sie im Fernsehen läuft, und möglicherweise werden die Geschichten auch etwas interessanter mit der Zeit. Die beiden Folgen von gestern haben mich jedoch nachhaltig enttäuscht.

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