Sonntag, 9. Juni 2013

Welcome to the toon town party..

Heute mal zu einem etwas.. nerdigen Thema. Sagt man. Also, dass es nerdig wäre.
Comics sind etwas, damit hat man entweder von Kindheit an Kontakt - oder eben nicht. Dieses vielseitige literarische Genre wird gerne als geistlos, kindisch und unnütz verschrien, ist jedoch alles andere als das. Derzeit gewinnt die Comicforschung an Universitäten allmählich immer mehr an Raum, doch innerhalb der Gesellschaft bleibt das schlechte Image. Dabei ist der Comic als Medium von ausgewöhnlich hoher Ausdruckskraft und mit seiner Verknüpfung von Text und Bild von besonderer medialer Bedeutsamkeit. Das Medium „Comic“ oder auch „Graphic Novel“ beinhaltet oft so viel mehr als seichte Unterhaltung. Ich möchte besonders einen Zeichner herausgreifen, der mir im Rahmen einer Hausarbeit begegnet ist, mich auf eine Reise ins Comicland geschickt und seither nicht mehr losgelassen hat.

Die Werke des „father of the graphic novel", Will Eisner, sind beispielhaft für das hohe Niveau, das ein Comic erreichen kann. Ihn als Koryphäe auf dem Gebiet der Graphic Novel zu bezeichnen ist nicht überzogen. Nicht nur dass er diesen Begriff für illustrierte Romane einführte, er kam mit seinen gezeichneten Geschichten auch näher an die Literaturform Roman heran als sonst kaum jemand. Eisner wirkte damit maßgeblich auf die Comic-Szene des 20. Jahrhunderts ein. Sein Drang, vor allem Neues auf dem Gebiet der Comiczeichnung auszuprobieren, schuf viele außergewöhnliche Werke. Auch Eisners Bücher über die Kunst des graphischen Erzählens sind sehr ergiebig. Seine Einstellung zu seinem Handwerk, seiner Kunst, wird durch diese Reihe greifbar und der Inhalt seiner Werke noch ein Stück klarer. Will Eisner entwickelte vor allem durch seine Tätigkeit als Dozent für Comiczeichnen eine umfassende Theorie der Erzählweise in und mit Comics. Dabei spielt er mit den Lesern und den Möglichkeiten, die Text und Bild ihm zur Kommunikation mit ihnen bieten. Comics sind für ihn die „Synthese von Text und Bild“. Sequenzielle Kunst nennt er die Comiczeichnung; quasi unterteilte, aufeinander folgende Bilder, aber mit künstlerischem Anspruch. Der Text selbst wird bei ihm zum Bild, die beiden Arten der Vermittlung verschmelzen miteinander.

 „In reality, action precedes words. In comics, therefore, the dialogue is actually conceived after the action is devised.
In comics no one really knows for certain whether the words are read before or after viewing the picture. We havve no real evidence that they are read simultaneously. There is a different cognitive process between reading words and pictures. But in any event, the image and the dialogue give meaning to each other – a vital element in graphic storytelling.“ 
(Will Eisner: Graphic storytelling and visual narrative. Principles and Practices from the legendary cartoonist, New York, London: Norton 2008. S. 59.)

So ist auch eine starke Beeinflussung durch den Film in der Verwendung verschiedener filmischer Stilmittel wie Blickwinkel oder Licht und Schatten zu erkennen, letzteres bei "The Appeal", der Kafka-Adaption, sehr ausgeprägt. Durch die Überzeichnung von Gestik und Mimik ruft er bei seinen Charakteren eine Lebendigkeit hervor. Gleiches erfolgt durch die Reduktion auf das Wesentliche innerhalb der Panel. Eisner beschränkt sich auf klare Formen und vermeidet detailreichen, naturalistischen Schnickschnack. Seine Vorliebe für optische Verzerrungen dagegen sind ebenfalls Kennzeichen seiner Werke. 
Die heutige Comicindustrie unterscheidet bei den meisten Veröffentlichungen zwischen Autoren und Zeichnern. Eisner war beides, Schriftsteller und Zeichner. Seine Arbeiten sind oft in allen Einzelheiten Ausdruck seiner Kreativität und seiner Einstellung zur Welt.

Auch ungewöhnlichere Stoffe wurden von ihm verarbeite, so beispielsweise eine Kurzgeschichte zu Kafkas Roman "Der Process". Diese geht allerdings im Fahrwasser des großen Erfolgs der „Spirit“- Reihe unter, welche wesentlich bekannter sind als beispielsweise seine erste Graphic Novel „Ein Vertrag mit Gott“. Gerade über den maskierten Helden, der eigentlich eher ein klassischer Antiheld mit Fehlern und Niederlagen ist, findet sich viel.Möglicherweise kennt der ein oder andere die Verfilmung dieses Comiccharakters. Der Film war nicht zwingend gut, aber die manchmal überraschende und ungewohnte Erzählweise Eisners wurde auf jeden Fall ganz gut eingebracht. Zu den Comics ist zu erwähnen, dass manchmal, anders als man das gängigerweise kennt, gar keine große Handlung zu finden ist. In einer Story liegt unser "Held" einfach nur in eienr Seitengasse, zusammengeschlagen, und kann sich angesichts der großen Hitze in der Stadt und der Geschäftigkeit der Menschen nicht bemerkbar machen. Nur durch Zufall wird er schließlich gefunden, bereits vollkommen im Delirium. Oder aber es wird eine Geschichte erzählt, in der der Spirit nur am Rande vorkommt, und ganz andere Charaktere den Ablauf bestimmen. 
Bezaubernd sind auch die Titelbilder der comics, die immer auch noch eine ganz eigene Geschichte erzählen und manchmal Dinge vorweg nehmen, zusätzlich erklären oder sich auf bereits vergangene Ereignisse beziehen. Manchmal sind sie auch eine Erklärung des Charakters "Spirit" selbst.




Die Kombination von Bild und Text ist bei Eisner harmonierend, aber auch differenzierend zu finden. Neben Text und Subtext ist auch das Bildmaterial unterschiedlich interpretierbar. Durch diese Zusammenstellung ergibt sich eine Vielzahl an Möglichkeiten, mehrere Ebenen einer Geschichte oder auch zusätzliche Informationen zu vermitteln. Doch die Existenz von Bildern ist gleichzeitig das Problem des Comics. Es wird als „zu leicht“ und anspruchslos interpretiert, da die Meinung vorherrscht, ein weniger an Text würde durch ein mehr an Bild ausgeglichen, um auch an eher schlichtere Gemütern Inhalte vermitteln zu können. Dass dabei gleichzeitig kein weniger, sondern ein mehr an Inhalten eingebracht werden kann, wird leider viel zu oft übersehen.
Natürlich ist das nicht bei jedem Comic so. Es finden sich auch, ähnlich der Trivialliteratur, einfach nur Unterhaltungscomics. Aber auch da wird, wie in anderen literarischen Texten, neben dem Offensichtlichen auch unterbewusst Persönliches des Künstlers gezeigt. Das fängt mit dem Zeichenstil an - ist er farbig, oder schwarz - weiß, minimalistisch oder opulent- geht über die Bildaufteilung - Rahmen oder nicht, fließend, wie sind die Textfelder - bis hin zum Text an sich. Ruft man sich das ins Gedächtnis, ergibt sich ein, oftmals neues, spannendes Genre, das es zu entdecken lohnt.
Aus diesem Grund wird das nicht der letzte Eintrag zu diesem Thema bleiben. Besonders thematisch gegliedert wird das nicht und ich bin auch nicht in der Lage, umfassende Kenntnisse der Comicszene auszubreiten, aber ein paar Dinge habe ich dazu noch zu sagen und ein bisschen was zu empfehlen ;)

So können Comics heute aussehen (von links nach rechts): Corbeyran/Horne - Die Verwandlung von Franz Kafka, Snyder/Capullo - Das neue DC-Universum Batman - Heft 5 und 7, Layman/Guillory - Chew. Bulle mit Biss - Leichenschmaus
Gerade Chew kann ich euch sehr ans Herz legen, aber dazu folgt später noch mal mehr.

Wer sich mit der Theorie des Comics beschäftigen möchte, kommt um das Standartwerk "Comics richtig lesen! Die unsichtbare Kunst" von Scot McCloud nicht herum. Natürlich ist es auch selbst ein Comic. Komplett ;)



Ausführlicheres zur Bild-Text-Synthese: http://www.fs-kunst.de/publikationen/publikationen-04.htm
Empfehlenswert zu Eisner ist seine Biographie von Bob Andelmann: http://www.darkhorse.com/Books/13-058/Will-Eisner-A-Spirited-Life
Und natürlich auch sein übriges Werk ;) Gerade die Graphic Novels kann ich euch sehr ans Herz legen.

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