Dienstag, 28. Juni 2011

We all become forefathers..

Es ist ein altes, ausgelutschtes Thema, von dem keiner mehr etwas hören möchte, außer er interessiert sich privat für diesen Teil der Geschichte.
Der Nationalsozialismus ist „das“ Thema des Geschichtsunterrichts egal welcher Stufe, egal welcher Schulform. Man bekommt es seine ganze Schulzeit vorgebetet und irgendwann haben 90% der Absolventen die Schnauze voll.
Negativ wird dieser Überfluss an Beschallung mit diesem Thema dadurch begründet, dass „der Deutsche“ die Schuld seiner Vorfahren nicht vergessen dürfe. Dass wir, die nachfolgenden Generationen, mitverantwortlich sind und dafür sorgen müssen, dass diese Schrecken nie wieder passieren.
Letzteres ist mehr als nachvollziehbar denke ich, doch gilt das nicht nur für die Deutschen. Rassismus ist der Nachfolger, bzw. Begleiterscheinung des Judenhasses der nationalsozialistischen Zeit und wird heute nicht nur in Deutschland praktiziert. Bei weitem nicht nur in Deutschland. Rechtsradikale in England, Frankreich oder auch sehr speziell in Amerika sind nicht nur kleine Randgruppen sondern ein erhebliches Problem, das viel zu leicht außer Acht gelassen wird, wenn es um die Debatte eines Verbotes der NPD geht oder dass mal wieder ein ausländischer Junge in der U-Bahn verprügelt wurde. Dann ist es das Erbe der Deutschen, der immer noch unterschwellig vorhandene Hass gegen andere „Rassen“, der ausbricht. Ich verurteile solche Handlungen und die Anhängerschaft einer so menschenfeindlichen Ideologie aufs schärfste, denke aber auch, dass es nachvollziehbar ist, wenn ich mich mit einer Interpretation, die sich auf „die Deutschen“ als ausländerfeindliches Volk bezieht, mehr als nicht anfreunden kann.

Natürlich, ich sehe mich als Deutsche. Ich bin stolz und zugleich weniger stolz auf dieses Land. Die ausführende überregionale Politik kann man meiner Meinung nach fast komplett vergessen, die politischen Strukturen ebenso, vor allem im Bereich der Bildungspolitik. Da möchte ich schon gar nichts mehr über irgendwelche sogenannten „Verbesserungen“ hören, denn mit jeder „Reform“ werden wir ein Stück weiter in die breitgefächerte Dummheit des Volkes politisiert. Es geht den Bach runter mit dem Deutschland der Dichter und Denker, der blühenden Landschaften. Dieses Land hat so viel Gutes und Herausragendes zu bieten, aber mit jeder 2. Entscheidung von oben geht meiner Meinung nach ein Stück verloren, aber das ist ein anderes Thema.
Viel zu leicht wird aber auch vergessen, dass andere Länder auch im Kampf für Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit in der Welt nicht die reinsten Unschuldslämmer waren. Oder sagen wir anders: Viele Soldaten, die für ihre Länder gegen den Nationalsozialismus kämpften ordneten sich vergleichbaren Denkmustern unter, nach denen „der Deutsche“ das Übel in Person, quasi die Unterteufel nach dem Antichristen Hitler, darstellte und auf jede erdenkliche Art und Weise bekämpft werden musste. Klar, es war ja propagandistisches Gedankengut, das ähnlich der Ideologie von Hitler den Deutschen, den Soldaten und der Heimat eingepflanzt wurde und bis heute in mehr oder weniger verminderter Form in speziellen Gruppierungen zu finden ist.

Ich gehöre diesen Gruppierungen nicht an, lebte nicht im Nationalsozialismus und sehe keine Verbindung der Taten egal welcher Volksgruppe zu dieser Zeit zu mir.
Natürlich kann ich mich darauf berufen, dass ich aus meiner Familiengeschichte heraus „weniger vorbelastet“ bin, als vielleicht andere, deren Urgroßvater in der Partei war. Mein Urgroßvater wurde von den Nationalsozialisten wegen seiner demokratischen Parteizugehörigkeit und umfassenden überregionalen politischen Aktivität zwar nicht ins KZ gesteckt, aber doch schikaniert und gedemütigt, ohne dass er nachgegeben hätte. Nach dem Krieg bemühte er sich in unserer Region und dann auch überregional eine neue politische Landschaft aufzubauen.
Ich bin stolz auf ihn, weil er ein standfester Mann war, der für seine Überzeugungen einstand und sich nicht hat unterkriegen lassen, so schwer es auch für ihn und seine Familie war. Er ist ein Vorbild, aber keine Person, die ich zur Rechtfertigung meiner „Unschuld“ heranziehen würde.
Schuld und Unschuld stehen hier nämlich gar nicht erst zur Debatte. Ich kann mich nicht als unschuldig bezeichnen, wenn ich meine Generation nicht als schuldhaft empfinde.
Wir sollen der Missetaten unserer Vorfahren gedenken, uns schuldig fühlen angesichts unserer Herkunft und aus dieser Schuld heraus einen weiteren Ausbruch einer derartigen Schreckensherrschaft unterbinden.
Doch habt ihr ein schlechtes Gewissen?
Ich habe es nicht.
Das würde doch nur bedeuten, dass man sich diesen alten Denkmustern unterordnet, die es so leicht gemacht haben, diese Gräueltaten öffentlich zu propagieren. Das sind „Die Franzosen“, „Der Russe“, „Die Engländer“, „Die Juden“.
Wir haben mit diesen Dingen nur insofern zu tun, dass wir aus dem gesunden Menschenverstand heraus entscheiden können und müssen, dass Menschen nicht in Klassen und Rassen aufgeteilt werden, dass wir gleich sind. Egal welche Hautfarbe, Religion, Sprache, körperliche Eigenschaften oder was auch immer uns zu trennen scheint. Das sollte auch gelten, ohne dass man sich auf den Nationalsozialismus beziehen muss. Schon allein aus diesem Begreifen heraus kann gesichert werden, dass „so etwas nie wieder geschieht“.
Wir sind nicht schuld an den Dingen, die Personen getan haben, die wir nicht kannten, die zu einer ganz anderen Zeit lebten und mit denen uns außer vielleicht unserer Nationalität nichts verbindet.
Aber wir können aus unserem Wissen heraus begreifen, wie falsch sie lagen und was zu tun ist, dass wir nicht so falsch und grausam handeln und dieses Wissen ebenso weitergeben.

(Gedanken zu folgendem Artikel, der mich als angehende Historikerin brennend interessierte: http://www.zeit.de/2011/26/Nationalsozialismus-Tagebuecher)

Noch schnell was anderes:
Ich heiße ♫ steffi ♫ und ma_belle herzlich unter meinen Lesern willkommen ;)

4 Kommentare:

  1. Zum Nationalsolialismus will niemand mehr was hören? Mh sehe ich anders. Aber ich liebe auch Geschichte ... Keine Ahnung.

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  2. Wenn du mal in Klassen hörst, v. a. bei Jüngeren, oder auch die Kommentare zu dem Link ansiehst, den ich mit reingestellt habe heißt es unglaublich oft: Diese ollen Kamellen, das will doch keiner mehr hören, wir wissen das doch alles, immer derselbe Mist.. etc ;)

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  3. Muss ich leider recht geben, was das "nicht mehr höhren können" betrifft.
    Obwohl ich Naturwissenschaftler bin interessiere ich mich dennoch sehr für vergangenes, aber selbst wenn ich "mögen" durch "lieben" austauschen würde, wäre ich primär immernoch ein Mensch. Und denen wird nunmal schnell und gerne langweilig wenn sich Dinge immer wieder wiederholen.

    Ein schönes Beispiel war z.b. die VOX Doku über Kriegsverbrechen auf die ich mich sehr freute. Wollte einfach einen tieferen einblick in die Psyche des Krieges bekommen anhand schöner (moderner) Beispiele aus dem nahen Osten oder (anderer) Schurkenstaaten von denen es weit mehr gibt als man gerne wahrhaben möchte.
    Als ich dann aber sah das sich 50% der Doku auf den 2. Weltkrieg und die Deutschen bezieht war ich schon wieder bedient.

    Nicht vergessen hin oder her. Aber ich kann es wirklich, wirklich, wirklich (hoch unendlich), nichtmehr hören.2 Jahre in der Realschule, 2 Jahre im Tg, ewige Dokus im Fernsehen, usw.

    Was ich aber nicht oft genug hören/lesen kann sind Artikel wie dieser. Eine adnere Sichtweise, geöffntete Augen. Nicht nur dieses "Jaja, wir haben da müll gebaut". Sondern auch mal den Blick über den Tellerrand.

    Und das der Nationalsozialismus speziell mit Deutsch in verbindung gebracht wird, ist mir seit Jahren auch ein Rätsel wenn man sich mal in der Welt umschaut. Es ist ja nicht so das es schonmal ein negativ Beispiel gegeben hätte aus dem man etwas hätte lernen können.

    Sorgen über Sorgen :)

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  4. Neuen Blog - Eintrag gelesen, genervt von Nationalsozialismus schon in der 3. Zeile zu lesen, aus Interesse am restlichen Inhalt weitergelesen....

    Du hast es so ziemlch auf den Punkt gebracht, mit dem NS und Anriss in die Politik...

    Leider ist auch nicht abstreitbar, wenn man so manchen einen Reden hört oder Gruppierungen sieht, dass Deutschland wirklich komplett etwas aus der Geschichte gelernt hätte...bzw. andere Länder.

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