Black Swan
Was ich erwartet hatte:
Was ich erwartet hatte:
Eine Ballerina kann dem Druck, dem sie durch ihre Hauptrolle in Schwanensee ausgesetzt ist, nicht stand halten, verliert sich in Wahnvorstellungen über eine Konkurrentin und dreht schlussendlich total ab. Eventuell auch Kritik an Abmagerungswahn, Altersdruck und überzogenen Vorstellungen einer fanatischen Mutter.
Was ich zu sehen bekam:
Was ich zu sehen bekam:
Nina, eine Baletttänzerin Mitte 20, will die Rolle der Schwanenkönigin der Aufführung Schwanensee. Der vorherige Star des Theaters ist dem Balettmeister Thomas zu alt geworden und muss die Bühne räumen. Ninas Talent steht für ihn außer Frage, aber er vermisst bei ihr die Leidenschaft, die er für die Rolle des schwarzen Schwans voraussetzt. Die Schwanenkönigin muss nämlich sowohl den weißen, als auch den schwarzen Schwan tanzen, also im Stück eine äußerliche, wie auch innerliche Verwandlung durch machen.
Das Problem ist: Nina ist introvertiert, zurückhaltend und diszipliniert, wohnt bei ihrer Mutter und ist eigentlich in allem von dieser abhängig. In Erfolgen wie auch bei Misserfolgen sucht sie die Rücksprache mit ihr und nach Bestätigung oder Trost. Die Mutter war selbst Tänzerin, hat aber ihre Karriere (mögliche Karriere, denn es stand wohl noch nicht fest, ob sie jemals eine Hauptrolle tanzt) für die Geburt ihrer Tochter aufgegeben. Hier könnte eigentlich das erwartete "Ballerina-Mutter-Tochter"-Problem greifen. Doch seltsamerweise kam es mir eher so vor, als wäre die Mutter zwar von dem Talent ihrer Tochter überzeugt, doch nicht auf Biegen und Brechen darauf aus, diese in der Hauptrolle zu sehen. Im Gegenteil macht sie den Versuch, diese mit anderen möglichen Parts, welche sie noch bekommen könnte, im Stück, die auch eine gewisse herausragende Stellung haben, zu trösten. Dennoch fühlt sich Nina von den Erwartungen ihrer Mutter bedrängt und durch die fehlende Privatsphäre, die ihr im Laufe ihrer Entwicklung immer massiver ins Bewusstsein rückt, eingeengt. Als ihre Mutter aber erkennt, dass ihre Tochter einem Abgrund entgegensteuert, ist es für ihre letzten Versuche, diese zu retten, bereits zu spät. Ihre übertrieben gluckenhafte Art (die diesen Charakter für mich übrigens wirklich unglaublich unsympathisch macht) ist mit verantwortlich für Ninas Abdriften in eine Parallelwelt.
Eine weitere wichtige Rolle neben der Mutter als drängende Kraft hin zum Tanzen ist Lilly, Ninas Konkurrentin. Im Gegensatz zur Mutter steht sie für den leidenschaftlichen, lasziven und extrovertierten Teil, der dann ins Spiel kommt, als Nina sich von ihrer Mutter abzunabeln sucht. Lilly ist hier treibende Kraft, nimmt sie in einen Club mit, spricht offen mit ihr über Sex, den Ballettmeister, die überzogenen Vorstellungen von eben jenem und bringt Nina schließlich dazu, zur „Auflockerung“ Drogen zu nehmen. Die darauffolgenden Szenen haben mich sehr gestört.
Vielleicht hätte es mir geholfen, zuvor den auf den Filmplakaten gedruckten Hinweis, es handle sich um einen psychosexuellen Thriller, gelesen zu haben.
Einzelne Sequenzen, die auf die Bedeutung der sexuellen Hingabe von Nina hinweisen, die sie für das Einleben in die Rolle des schwarzen Schwans braucht, sind ja kein Fehler. Aber die im Mittelteil des Films überreich vorhandenen Parts der Selbstbefriedigung, lesbischen Träume und Übergriffe des Ballettmeisters waren wirklich irgendwann zu viel. Ich hatte das Gefühl, der Film sei von zwei unterschiedlichen Personen gedreht worden. Die eine Person legte viel Wert auf Blut, Gewalt, Sex und möglichst schockreiche Effekte. Die andere war für die Ausarbeitung des Innenlebens und die Umsetzung dessen in Tanz und Dialog zuständig.
Zwischendurch schüttle ich als Zuschauerin einfach nur den Kopf und denke mir: Oh Mann, muss das wirklich schon wieder sein? Noch eine Szene, in der irgendwer irgendwem zwischen die Beine greift?
Man ist versucht, den Film als schlecht zu empfinden. Doch dann beginnt der Part der letzten, abschließenden Aufführung und man wird hineingezogen in einen kompletten Durchlauf des inneren Zwiespalts von Nina. Eigentlich alle Konflikte, die zuvor auf die bereits genannte überzogene Art und Weise ausgeführt wurden, werden hier noch mal auf den Tisch gebracht und zusammengefasst.
Dieser Teil hat für mich den ganzen Film in seiner Aussage herausgerissen. Gut, ich mag auch Ballett und ich bin an sich sehr fasziniert von diesem Tanz und seiner Ausdruckskraft. Von der Musik mal ganz abgesehen ;)
Die Realität verschwimmt nun komplett mit der Welt des Stückes, in dem Nina vollkommen aufgeht. Ihre Wahnvorstellungen übernehmen die Kontrolle und sie verliert den Anschluss an die Wirklichkeit.
Auch der Zuschauer beginnt, den übrigen, vorhergegangenen Teil des Filmes zu hinterfragen. Zu skurril sind gewisse Abschnitte, die in ihrer überzogenen Darstellung, wie bereits erwähnt, nicht so wirklich passend erscheinen.
Stattdessen werden Parts, die für meinen Geschmack eine Menge an tollen Interpretationen zugelassen hätten, nur kurz abgehandelt und den sexbestimmten Stücken untergeordnet. Es gibt ein-zwei schöne Szenen, in denen Ninas Spiegelbild sich selbstständig macht und ihre sich immer weiter spaltende Persönlichkeit klar erkenntlich wird. Zu wenig und zu kurz, wie ich finde. Gerade das hätte man noch weiter ausfeilen können. Stattdessen folgt eine Wahnvorstellung Ninas von Sex zwischen Thomas und Lily.
Gut dargestellt ist die Höllenmaschinerie, in die Nina hineingezogen wird. Exzessives Training, bis aufs Blut geschundene Füße, schweißtreibende, ständige Wiederholungen, Demütigungen, Druck und Abmagerung. Daran ist nichts mehr schön, das ist sowohl für sie als auch für den Zuschauer psychischer Stress.
Stressig ist übrigens auch die Kameraführung, zumindest zu Beginn sehr auffällig. Tunnelblick und Sicht des Charakters hin oder her, meine Augen waren davon nicht so begeistert.
Grundsätzlich fand ich den Film nicht schlecht. Es war spannend, ab und an ganz nett symbolträchtig, musikalisch ansprechend und, wie bereits gesagt, die Endaufführung hat mich wirklich sehr begeistert. Sehenswert, wenn auch nicht zwingend im Kino.
Doch diese ganzen sexuellen Anspielungen gingen mir irgendwann einfach nur noch auf den Geist. Das hätte es wirklich nicht gebraucht. Die Geschichte, die ich auch richtig interessant finde, wäre meiner Meinung nach auch anders gut umzusetzen gewesen.
Doch diese ganzen sexuellen Anspielungen gingen mir irgendwann einfach nur noch auf den Geist. Das hätte es wirklich nicht gebraucht. Die Geschichte, die ich auch richtig interessant finde, wäre meiner Meinung nach auch anders gut umzusetzen gewesen.
Aber jemand, der die Kombination aus Schockeffekten, Sexszenen und zersplitterte Fußnägeln mag, kommt hier absolut und vollkommen auf seine Kosten.
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Weiterführende, interessante Rezension: http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,739977,00.html
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